Le Havre ist ein Spiel für 1 – 5 Spieler ab 12 Jahren von Uwe Rosenberg und bei Lookout-Spiele erschienen. In Le Havre sind die Spieler Unternehmer in der Hafenstadt Le Havre, die Gebäude und Schiffe bauen, um auf diese Weise Nahrung für ihre Arbeiter zu produzieren. Außerdem nutzen sie die unterschiedlichen Funktionen der einzelnen Gebäude, die sie errichten, um diverse Standardwaren in veredelte Waren weiterzuverarbeiten. Diese können sie verkaufen und das Geld für den Kauf weiterer Gebäude nutzen. So vergrößern sie im Laufe des Spiels ihr Einkommen und damit die Chance, das Spiel zu gewinnen.
Spielablauf
Das Spiel beginnt mit einer Nachschubphase, in welcher der Startspieler seinen Schiffstein links beginnend auf das nächste freie Nachschubplättchen stellt. (Bild 1)
Die sieben Nachschubplättchen, die auch gleichzeitig die sieben Züge einer Runde repräsentieren, wurden zuvor verdeckt auf die markierten Wasserfelder des Spielplans gelegt. Sie werden in der ersten Runde, nachdem ein Schiffstein gesetzt wurde, umgedreht und bleiben danach für den Rest des Spiels an dieser Position. Auf jedem Nachschubplättchen befindet sich eine Kombination von Standardwaren und Francs, die dann aus dem Vorrat auf die entsprechenden Angebotsfelder auf dem Spielplan gelegt werden.
An die Nachschubaktion schließt sich die Hauptaktion des Spielers an. Dabei kann er entweder alle Standardwaren aus einem beliebigen Angebot nehmen oder ein ausliegendes unbesetztes Gebäude betreten, indem er seinen Personenstein daraufstellt. Durch das Betreten des Gebäudes löst der Spieler den Gebäudeeffekt aus, der aus Aktionen wie dem Bau weiterer Gebäude oder dem Veredeln von Standardwaren besteht. Der Spieler kann auch die Gebäude anderer Spieler benutzen, muss dafür allerdings eine Eintrittgebühr in Form von Nahrung oder Francs entrichten, die auf der jeweiligen Gebäudekarte abgebildet ist. Der Spieler kann zu jeder Zeit während seines Spielzugs als Zusatzaktion Gebäude und Schiffe kaufen oder verkaufen. Zum Kauf stehen alle Gebäude, die sich im Besitz der Stadt befinden und solche, die in der zentralen Auslage der Bauvorhaben in der obersten Reihe liegen. (Bild 2)
Diese Bauvorhabenkarten sind nach oben gefächert ausgelegt, sodass die Spieler die Reihenfolge der Karten erkennen und somit planen können. Welche Baukosten zu bezahlen sind, ist auf der Karte des jeweiligen Bauvorhabens abgebildet. Schiffe können in ausliegenden Werften für die angegebenen Baukosten und zusätzlich drei Energie gebaut werden, die der Spieler durch Holz und Kohle erhält. Eine Runde ist beendet, sobald ein Spieler seinen Schiffstein auf das siebte Nachschubplättchen gesetzt hat. Danach wird die oberste Karte auf einem Stapel von Rundenkarten ausgewertet. Die Spieler erhalten in der Erntezeit landwirtschaftliche Produkte, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, und geben die auf der Rundenkarte angegebene Menge an Nahrung ab, wobei eigene Schiffe die erforderliche Nahrungsmenge deutlich reduzieren. Kann ein Spieler diese Menge nicht aufbringen, muss er entweder Gebäude und Schiffe verkaufen oder Schuldscheine aufnehmen.
Nach einer festgelegten Rundenzahl wird ermittelt, welchen Wert die Gebäude und Schiffe des Spielers besitzen. Dazu wird das Barvermögen des Spielers addiert. Am Ende gewinnt der reichste Spieler (Bild 3)
Le Havre solo
Le Havre wird solo ähnlich gespielt wie im Mehrpersonenspiel. Die Rundenzahl wird im Solospiel reduziert und gemäß einer speziellen Rundenkarte für diese Variante werden die Anforderungen für das einzelne Rundenende angepasst. Auch hier gibt es die grundsätzliche Möglichkeit, die Spielzeit zu verkürzen, indem man nicht die Komplettversion mit allen Runden, sondern mit einer reduzierten Rundenzahl spielt. In der Komplettversion geht das Spiel über sieben, in der Kurzspielversion über vier Runden. Im Solospiel wird eine bestimmte Zahl an Gebäuden aussortiert. Zusätzlich werden in der Kurzspielversion bestimmte Startgebäude vorgegeben.
Fazit
Le Havre ist ein gutes Beispiel dafür, wie aus einem einfachen Mechanismus (der Spieler nimmt entweder Ressourcen oder baut ein Gebäude) ein äußerst vielfältiges, strategisch anspruchsvolles und komplexes Spiel werden kann. Dementsprechend ist die Anleitung recht übersichtlich und im Übrigen auch gut strukturiert, wodurch das Spiel relativ leicht zu erlernen ist. Aus der einfachen Aktionsstruktur entsteht ein Spiel, das den Spieler (auch solo) in jedem Zug fordert, zumal auch immer das Rundenende im Blick behalten werden muss, das den Spieler kontinuierlich unter Druck setzt, die nötige Nahrungsmenge rechtzeitig aufzubringen. Das Spiel überzeugt auch thematisch durch die unterschiedlichen Gebäude mit ihren thematischen Funktionen und die verschiedenen Warenproduktionsketten.
Der Spieler ist in seinen Entscheidungen nicht festgelegt. Es gibt in jedem Zug viele gute Entscheidungsoptionen und damit verbunden eine Vielzahl an Möglichkeiten, das Spielziel eines möglichst hohen Einkommens zu erreichen. Im Solospiel fehlt dafür die Interaktion, die im Mehrspielermodus für zusätzliche Spannung sorgt, da sich die Spieler gegenseitig durch ihre Spielsteine blockieren können und gleichzeitig voneinander profitieren, wenn sie die Gebäude ihrer Mitspieler nutzen. Weil der Solospieler nicht durch Mitspieler beeinträchtigt wird, ist sein Spiel weniger taktisch, sondern strategischer, da er die Reihenfolge der Auslage an Gebäudekarten vollständig kennt. Und es gibt einen weiteren Vorteil für den Solospieler: Le Havre ist auch in der Langfassung mit sieben Spielrunden innerhalb einer Stunde beendet, während das Spiel bei Partien mit mehr als drei Spielern länger als drei Stunden dauern kann. Für eine kürzere Spielerfahrung gibt es deshalb die Kurzversion des Spiels, die solo recht knackig in 20 Minuten absolviert ist.
Die Neuauflage des Spiels enthält neben der Kartenerweiterung „Le Grand Hameau“ auch alle Bonuskarten, die bisher erschienen sind. Zu den 36 Sondergebäuden der ersten Auflage kommen so weitere 46 hinzu. Damit ist alleine schon eine hohe Variabilität im Spiel, da pro Partie nur sechs Sondergebäude zum Einsatz kommen. (Zusätzliche Variabilität entsteht darüber hinaus durch die veränderliche Auslage an Nachschubplättchen und Bauvorhaben.) Außerdem ist das Spielfeld mit der Neuauflage verbessert worden. Es besteht nicht mehr aus drei Teilen wie vorher, sondern aus einem einteiligen gefalteten Spielplan. Ungelöst ist allerdings immer noch das Ressourcenaufbewahrungsproblem. Die vielen Warenplättchen finden auf dem Spielplan kaum Platz, wenn man sich nicht mit zusätzlichen kleinen Behältnissen behilft. Ich habe zu diesem Zweck aus dem Papp-Inlay meines Exemplars des Spiels „Robinson Crusoe“ zehn kleine „Gehege“ für die Ressourcenplättchen gebastelt, die ihren Zweck leidlich erfüllen (Bild 4)
Le Havre ist neben Agricola und Caverna das beste Spiel von Uwe Rosenberg, dessen Spiele fast alle eine von ihm entwickelte eigene Solovariante haben. Das Spiel richtet sich durch seine Komplexität sicherlich eher an Vielspieler und Experten. Für diese Zielgruppe ist es allerdings eine absolute Empfehlung, da es eine anspruchsvolle Optimierherausforderung darstellt und deshalb sehr viel Spaß macht.
Benotung
9 von 10