Scythe ist ein Spiel für 1-5 Spieler ab 14 Jahren von Jamey Stegmaier, das bei Feuerland erschienen ist. Angesiedelt in einem fiktiven Osteuropa der 1920er Jahre, sind die Spieler die Anführer verschiedener Nationen, die um die Vorherrschaft in einem begrenzten Gebiet rund um den kapitalistischen Stadtstaat „Die Fabrik“ ringen. Dazu erkunden sie Regionen, produzieren Ressourcen und Arbeiter, errichten Gebäude und bauen Mechs, mit denen sie auf den Schlachtfeldern der Regionen gegeneinander kämpfen. Um zu gewinnen, müssen die Spieler eine Reihe von Erfolgen in verschiedenen Bereichen erzielen und am Ende des Spiels das größte Einkommen anhäufen.
Spielablauf
Jeder Spieler verfügt über ein individuelles Spielertableau, das insgesamt acht Aktionsmöglichkeiten eröffnet. Dazu zählen Bewegung, Ressourcenproduktion, Aufrüstung, Handel, Entwicklung, Rekrutierung und der Bau von Mechs und Gebäuden. Die Spieler nutzen reihum ihre Aktionen, wobei sie eine Spalte auf ihrem Spielertableau wählen, das eine pro Spieler jeweils unterschiedliche Kombination von zwei verschiedenen Aktionsmöglichkeiten enthält. Die Spieler haben dabei die Wahl, ob sie nur die obere, nur die untere oder beide Aktionen nacheinander durchführen möchten. Dazu müssen sie allerdings jeweils unterschiedliche Ressourcen aufbringen und können die gleiche Aktionsspalte im Regelfall nicht zweimal hintereinander nutzen (Bild 1).
Zu Beginn des Spiels besitzt jeder Spieler einen Anführer, repräsentiert durch eine individuelle Miniatur, und zwei Arbeiter, die er in seiner Startregion platziert. In den verschiedenen Gebieten des Spielfelds können die Ressourcen Metall, Nahrung, Öl, Holz und Arbeiter produziert werden – eine Ressource der entsprechenden Geländeart pro Arbeiter. Im Laufe des Spiels können die Spieler Metall nutzen, um ihre vier Mechs zu bauen, und dadurch besondere Mechfähigkeiten freischalten, die auf dem Nationstableau des Spielers abgebildet sind. Sie können Nahrung einsetzen, um eine Rekrutierungsaktion durchzuführen, die sowohl einen einmaligen als auch einen ständigen Bonus im Spiel einbringt. Sie haben die Möglichkeit, Öl für ihre Entwicklung zu nutzen, indem sie Entwicklungswürfel aus der oberen Reihe ihres Spielertableaus entfernen, um sie in der unteren Reihe zu platzieren. So werden oben Einkünfte freigelegt und unten Kosten abgedeckt, Bedingungen, die dann für die Folgerunden gelten. Die Spieler können außerdem Holz verwenden, um insgesamt vier verschiedene Gebäude zu errichten, die ebenfalls einen ständigen Bonus im Spiel bedeuten. Schließlich können sie zusätzliche Arbeiter nutzen, um weitere Ressourcen zu produzieren und sich auf dem Spielfeld auszubreiten.
Der Anführer jedes Spielers kann in einzelnen Gebieten auf Einheimische stoßen, die durch Begegnungsmarker auf dem Spielfeld markiert sind. Bei diesen Begegnungen kann er einen von drei Vorteilen auf einer Begegnungskarte wählen, die er von einem Begegnungskartenstapel zieht, wobei auch hier wieder teilweise Ressourcen abgegeben werden müssen, um bestimmte Vorteile nutzen zu können. In der Mitte des Spielbretts befindet sich die „Fabrik“, ein Machtzentrum, das am Ende des Spiels wie drei normale Regionen gewertet wird. Betritt ein Anführer zum ersten Mal dieses Gebiet, erhält er als Belohnung eine Fabrikkarte, die neben sein Spielertableau gelegt wird, und dem Spieler eine fünfte Aktionsalternative für den Rest des Spiels bietet.
Treffen Mechs und Anführer der Spieler in einem Gebiet aufeinander, kommt es zum Kampf. Im Kampf können die beteiligten Spieler einerseits bis zu sieben Stärkepunkte und andererseits eine beliebige Zahl von Kampfkarten einsetzen, wenn sie über beides verfügen. Die Zahl der einsetzbaren Stärkekarten ist allerdings durch die Zahl der beteiligten Mechs und Anführer begrenzt, die am Kampf teilnehmen. Die Stärkepunkte werden von beiden Kampfparteien geheim auf ihrer Stärkescheibe eingestellt und dahinter die gewollte Zahl an Kampfkarten gesteckt (Bild 2).
Den Kampf gewinnt der Spieler mit den meisten Stärkepunkten. Bei Gleichstand gewinnt der Angreifer.
Das Spiel endet sofort, sobald einer der Spieler sechs Sterne gesammelt hat. Sterne erhalten die Spieler, wenn sie Erfolge erzielen wie:
- alle sechs möglichen Entwicklungen einzuführen,
- alle vier Mechs einzusetzen,
- alle vier Gebäude zu errichten,
- ihre acht Arbeiter aufs Spielfeld zu bringen,
- eine der beiden Zielkarten zu erfüllen, die sie bei Spielbeginn erhalten hatten,
- einmalig einen Ansehenswert von 18 oder
- einmalig einen Stärkewert von 16 zu erreichen.
Zusätzlich können sie maximal zwei Sterne für zwei gewonnene Kämpfe erhalten. Hat ein Spieler sechs Sterne, wird die Schlusswertung durchgeführt. Der Spieler erhält Geld für jeden errungenen Stern, für jedes durch seine Arbeiter, Mechs oder Anführer kontrollierte Gebiet und für je zwei Ressourcen in seiner Kontrolle. Dieses Einkommen ist abhängig von seinem Ansehen. Je höher der Wert seines Ansehens ist, desto mehr Geld bringen die verschiedenen Einkommensquellen. Der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt das Spiel (Bild 3).
Scythe solo
In Scythe tritt der Solospieler gegen einen Automa an, also einen Dummyspieler, der ähnlich wie in Gaia Project durch ein Kartendeck gesteuert wird. Zusätzlich bekommt der Automa eine von vier Fortschrittskarten mit einem jeweils unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad, auf dem sein Entwicklungsfortschritt im Spiel angezeigt wird (Bild 4).
Der Aufbau für den Solospieler entspricht dem Zweipersonenspiel. Der Automaspieler erhält fünf Dollar, und sein Ansehen ist während des ganzen Spiels bei einem Wert von 10 fixiert. Sein Anführer und seine zwei Arbeiter kommen ganz normal auf das Spielbrett. Die 19 Automakarten werden gemischt und verdeckt abgelegt. Es wird reihum gespielt, wobei der Zug des Automaspielers durch je eine Karte gesteuert wird. Die Angaben auf der Karte werden von oben nach unten abgearbeitet. Sie enthalten Hinweise, welche Automaeinheiten sich bewegen, welche Erträge er bekommt und ob er den Gegner angreift. Ein goldener Stern in der Mitte mancher Automakarten deutet außerdem an, dass der Marker auf der Automa-Fortschrittskarte um einen Platz weitergeschoben wird. Das Vorankommen auf der Fortschrittskarte ist eine der Möglichkeiten für den Automa, einen Stern zu erhalten, nämlich dann, wenn er ein Feld mit einem goldenen Stern auf der Fortschrittsleiste erreicht. Weitere Möglichkeiten sind der Erfolg im Kampf und das Erreichen des Stärkewerts 16 auf der Stärkeskala. Der Automa wird wie jeder andere Spieler gewertet. Er erhält vier Dollar pro erreichtem Stern und drei Dollar pro beherrschter Region. Der Solospieler kann außerdem nur maximal sechs Ressourcen pro Region werten.
Fazit
Scythe ist eines der gehyptesten Spiele der letzten Jahre und dies durchaus zu Recht. Die Kombination aus Area-Control-Eurogame und den, wenn auch begrenzten, Kampfanteilen, eingebettet in ein starkes Thema, macht einfach viel Spaß und ist durch den Wettkampfcharakter des Spiels auch sehr spannend. Die asymmetrischen Eigenschaften der Nationen mit eigenen Spezialfähigkeiten, zusätzlichen individualisierten Mechvorteilen und variablen Aktionsfeldern sorgen außerdem für viel Abwechslung und unterschiedliche Strategien im Spiel. Die Solovariante ist recht komplex, funktioniert aber ausgezeichnet. Außerdem bietet sie durch die verschiedenen Schwierigkeitsgrade eine auch langfristig anspruchsvolle Herausforderung.
Das Spielmaterial ist selbst für ein üppig finanziertes Crowdfunding-Produkt wie Scythe außergewöhnlich hochwertig: detailliert modelliertes Holzmaterial, aufwändige Kunststoffminiaturen für die Anführer und Mechs jeder Fraktion, Spielertableaus mit Aussparungen für die Holzsteine und eine sehr stimmungsvolle grafische Gestaltung aller Karten und Tableaus im Spiel – im Bereich der Materialqualität hat Scythe sicherlich Maßstäbe gesetzt. Das hat aber natürlich auch seinen Preis, sodass Scythe nicht zu den preisgünstigsten Spielen auf dem Markt zählt. Insbesondere fällt auf, dass das Spiel ursprünglich für sieben Spieler geplant war (Die farblichen Markierungen für sieben Spielerfarben finden sich bereits auf dem Spielplan des Grundspiels). Will man aber zu sechst oder siebt spielen, muss man nochmal tiefer in die Tasche greifen und die erste Erweiterung kaufen, die das Material für die sechste und siebte Fraktion liefert.
Optisch ganz toll und sehr stimmungsvoll, wenngleich für das Spiel nicht zwingend erforderlich, sind dann auch die Luftschiffe der zweiten Erweiterung, welche die Reichweite für Bewegungen der Spieler auf dem Spielbrett erhöhen. Diese Erweiterung bietet außerdem alternative Endbedingungen für das Spiel und sorgt damit nochmal für mehr Variabilität. Für Liebhaber des Spiels ist sie wohl ebenfalls ein Must-buy. Für manche ist der Kampfanteil im Spiel etwas zu gering und die kämpferische Anmutung des Spielmaterials vor diesem Hintergrund etwas irreführend. Für Optimierer, Eurogamer und Fans von Area Control ist Scythe allerdings mit Sicherheit einen Blick wert.
Benotung
9 von 10